Umsatzsteuerrechtliche Auswirkungen für Kooperationen, Arbeitsgemeinschaften und andere Formen der Zusammenarbeit zwischen (kirchlichen) Körperschaften
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Pascal Bade -
30. September 2022 um 14:00 -
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Insbesondere das Ausstellen von Rechnungen, die Gestaltung von schriftlichen Vereinbarungen und Verträgen, sowie die Werbe- und Informationsmaterialien zu Veranstaltungen und Maßnahmen, bei denen Einnahmen erzielt werden, sind vor diesem Hintergrund zu überprüfen.
Betroffen sind alle Formen der Kooperation, unabhängig davon, ob und in welcher Form hierüber eine formelle Vereinbarung besteht, wie zum Beispiel gemeinsame Konfirmanden- oder Freizeitarbeit, die Herausgabe gemeinsamer Gemeindebriefe, die Durchführung gemeinsamer Feste und Veranstaltungen, die Nutzung gemeinsamer Infrastruktur usw.
Die Problematik betrifft zudem die Zusammenarbeit mit allen anderen Körperschaften, also nicht nur kirchliche oder öffentlich-rechtliche, und dies unabhängig von der Frage, ob Ihre Kirchengemeinde zukünftig als Kleinunternehmerin fungieren wird oder nicht.
Ausgangs- wie Eingangsrechnungen im Rahmen solcher Kooperationen sollten daher stets auf den Namen eines beteiligten Kooperationspartners lauten, ebenso wie alle schriftlichen Vereinbarungen oder Verlautbarungen (inklusive Werbemaßnahmen), die zur Vereinnahmung von Geldern führen. Vermieden werden sollten hingegen Formulierungen oder Gestaltungsformen (z.B. Briefkopf), die den Eindruck erwecken, dass die Kooperationsgemeinschaft hier selbst als eigenständige Geschäftspartnerin auftritt.
Zum Hintergrund:
Das Erfordernis besteht, da sogenannte „Gesellschaften bürgerlichen Rechts“ (GbR) im Umsatzsteuerrecht einen eigenen Steuerschuldner darstellen, der separat von den beteiligten Gesellschaftern eigene Erklärungs- und Abrechnungspflichten wahrzunehmen hätte.
Die oben beschriebenen Kooperationsformen stellen juristisch solche GbRs dar, weshalb diese zukünftig separat abrechnungs- und erklärungspflichtig wären, wenn sie über eigene Umsätze verfügten.
Buchhalterisch und formalrechtlich sind die kirchlichen Verwaltungsstellen allerdings nicht in der Lage solche GbRs im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs spontan nach Bedarf einzurichten, geschweige denn rückwirkend Zahlungsvorgänge einer GbR zuzuordnen, wenn diese zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls nicht als solche bekannt war. Eine ordnungsgemäße Abrechnung wäre uns somit nicht möglich. Daher ist es wichtig, dass diese GbRs keine eigenen Umsätze generieren.
Die kooperative Zusammenarbeit mit anderen Körperschaften ist dadurch aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt und bleibt weiterhin möglich. Alle Aspekte der inhaltlichen Zusammenarbeit können unverändert fortgeführt werden, soweit hiervon nur die beteiligten Kooperationspartner/innen selbst betroffen sind (Planung, Absprachen, gemeinsames Handeln, interne Abrechnung von Kosten untereinander). Lediglich die Geschäftstätigkeit nach außen ist insofern einzuschränken, als diese keine gemeinsamen Zahlungsflüsse zur Folge haben darf, die der Kooperationsgemeinschaft zuzurechnen wären. Derartige Geschäftstätigkeiten sind vielmehr durch die einzelnen Gemeinden, bzw. Einrichtungen im eigenen Namen wahrzunehmen.
Beispiele:
- Die Herausgabe eines gemeinsamen Gemeindebriefes ist auch weiterhin möglich. Es sollte aber nur eine Gemeinde als offizielle Herausgeberin fungieren und ausschließlich diese sollte ggfs. Rechnungen für Werbeanzeigen ausstellen, sowie die Herstellungskosten in Ihrem Haushalt verbuchen.
- Die gemeinsame Planung und Durchführung von Freizeiten bleiben umsetzbar, sofern nur eine Gemeinde nach außen als offizielle Veranstalterin auftritt, Anmeldungen und Zahlungen entgegennimmt. Dass sich Teilnehmer- und Mitarbeiterkreis aus verschiedenen Gemeinden zusammensetzen, ist hier unschädlich.
- Die Veranstaltung gemeinsamer Feste bleibt auch weiterhin möglich, sofern keine gemeinsamen Einnahmen generiert werden, die erst anschließend aufgeteilt werden. D.h. jede ggfs. vorhandene Barkasse einer Veranstaltung muss einer der beteiligten Körperschaften zugeordnet sein. (Alle Beteiligten haben ihre eigenen Einnahmen.)
Alternativ müsste eine Körperschaft nach außen als alleiniger Veranstalter und „Gastgeber“ auftreten. (Auch hier wäre es unschädlich, wenn Teilnehmer/innen und Mitarbeitende aus unterschiedlichen Gemeinden stammen.)
In allen Fällen sollte auch der sprachliche „Auftritt“ angepasst werden, so z.B.: „Gemeindebrief für die Kirchengemeinden A und B, herausgegeben von Kirchengemeinde A“,
statt „gemeinsamer Gemeindebrief der Kirchengemeinden A und B“ oder „Ev. Weihnachtsbasar in der Stadt / Region C, Veranstalter: Kirchengemeinde X, Mitwirkende: Kirchengemeinden Y und Z“, statt „gemeinsamer Weihnachtsbasar der X, Y- und Z-Gemeinde“
Die interne Abrechnung zwischen den beteiligten Kooperationspartnern/innen stellt keinen Außenumsatz der GbR dar und löst somit auch keine Umsatzsteuerpflichten für diese aus.
Sie kann also in der bisher üblichen Form fortgesetzt werden.
Die dabei entstehenden Einnahmen oder Ausgaben für die einzelnen Kooperationspartner/innen werden diesen, und nicht der GbR, zugerechnet.
Je nach Grundlage der internen Abrechnung können zwar auch hierbei umsatzsteuerpflichtige Sachverhalte entstehen (z.B. bei Kostenabrechnungen über anteilige Wareneinkäufe oder Dienstleistungen.) Diese Fälle sind dann jedoch problemlos in der Buchhaltung darzustellen, da sie einer einzelnen Kirchengemeinde bzw. Einrichtung zugeordnet werden können.
Von den vorgenannten Ausführungen ausdrücklich nicht betroffen ist die Kooperationsform der Gesamtkirchengemeinde, da diese über einen eigenen Haushalt verfügt. Erträge und Aufwendungen der Gesamtkirchengemeinde werden dieser also ohnehin bereits buchhalterisch zugeordnet. Die o.g. Problematik der Buchungszuordnung für GbRs besteht hier also nicht.
Sollten eine Gesamtkirchengemeinde oder ihre Mitgliedsgemeinden allerdings mit anderen Körperschaften kooperieren gelten auch hier zukünftig die oben beschriebenen Einschränkungen.